ROME

Gates of Europe

Band: ROME
Album: Gates of Europe
VÖ: 25.08.23
Label: Trisol
Website: https://www.romepage.org/

Bearbeitet: @daniela.duessler

Ein Mann und seine Gitarre. Eine leere Bühne, blauer Zigarettendunst, ein einsamer Spot. Einem Bild wie diesem entströmt eine zeitlose Ästhetik. Eine Ästhetik der Einsamkeit, der Versunkenheit, die sich konsequent durch die letzten Jahrzehnte der Musikgeschichte zieht. Jerome Reuter lebt diese Ästhetik. Atmet sie, nährt sie und wird von ihr genährt. Nur er, seine Stimme, seine Gitarre. Mehr braucht es in der Regel nicht, um einen Saal zum Schweigen zu bringen. Nicht viele können das. Nicht viele können ohne den Budenzauber großer Shows, ohne Effekte, großes Besteck und große Band bewegen, rühren, Leben verändern. Er kann es. Reuter ist ein Getriebener, ein Suchender, der sich seit 2005 mit seinem Projekt ROME musikalisch ausdrückt und auf über 20 Alben in weniger als 20 Jahren und unzähligen weiteren Veröffentlichungen versucht hat, sein Innenleben und die Welt um ihn herum zu verstehen.

ROME ist das verregnete Film-Noir-Pendant zu einem reizüberflutenden Blockbuster. Alles echt, alles pur. Alles voller kultureller Signifikanz wie es sonst nur die großen Folk-Barden der Musikgeschichte für sich beanspruchen können. Mit „Gates Of Europe“ hat er sich zuletzt ein Werk aus dem Herzen geschnitzt, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von ROME ist und alles Bisherige in Sachen profunder Intensität und bewegender Thematik in den Schatten stellt – ein berstend profundes Album über den Krieg in der Ukraine.
Um „Gates Of Europe“, dieses janusköpfige Wesen, das zugleich als Liebesbrief an Europa wie auch Brandbrief an all die Despoten und Kriegstreiber rezipiert werden muss, zu verstehen, muss man zunächst den Erschaffer verstehen. Und Jerome Reuter, er steht in einer langen Tradition: Melancholisch, mit einer Mentalität irgendwo zwischen Exilant und Lonesome Cowboy, zogen diese Outsider mit ihrer Gitarre von Ort zu Ort, verfolgt von ihren Träumen und Dämonen, sehr oft auch von ihrer Vergangenheit. Jacques Brel, Johnny Cash, Townes Van Zandt, Tom Waits, Leonard Cohen, Michael Gira, Nick Cave – Architekten der Melancholie wie diese sind es, die ihre Spuren in Jerome Reuters künstlerischem Ausdruck hinterlassen haben. In den letzten Jahren ließ der Liedermacher wieder vermehrt elektronische Einflüsse in seinem atmosphärischen Klang zu, verbindet auf jüngeren Werken die sphärische Weltferne der Achtziger mit der Feinfühligkeit des Folk.

Seine Songs sind voll schaurig schöner Melodien, die nie der politischen Gunst in die Falle gehen. Sie bewegen sich in den Grenzlanden zwischen Wahrheit und Mythos, sprechen von den großen Zusammenhängen ebenso wie mit dem Herzen. Das bleibt nicht unbemerkt: Wie Johnny Cash, Nick Cave oder Leonard Cohen vor ihm, vereint sich auch unter seinen Stücken eine illustre Hörerschar, die sich durch alle Altersklassen, alle Musikgenres und alle Gesellschaftsschichten zieht. Das hat große Kunst immer schon ausgezeichnet. Ein Mann und seine Gitarre. Eine leere Bühne, blauer Zigarettendunst, ein einsamer Spot… und es beginnt von vorn.

Live:
01.09. Deutzen, NCN Festival
07.10. Frankfurt, Nachtleben
08.10. Köln, Yard Club
10.10. Münster, Gleis 22
11.10. Hamburg, Nochtwache
12.10. Berlin, Frannz Club
26.10. Dresden, Bunker
27.10. Nürnberg, Stereo
29.10. München, Backstage